Gently Disturbed

Shai Maestro © Alexandre Lacombe

Shai Maestro Trio w/ Mark Turner

Do, 19. Oktober 2017 · 21.30 Uhr · Westbad, Leipzig · 41. Leipziger Jazztage

 

Shai Maestro ist ein Wunderkind. In dem Alter, in dem junge Erwachsene das Studium an einer der mittlerweile vielen Musikhochschulen überall auf dem Globus aufnehmen, lehnt Shai Maestro das 4-Jahres-Stipendium des renommierten Berkley College of Music ab und fängt stattdessen an, mit Avishai Cohen zu kollaborieren. Fünf Wochen Summerschool in Berklee haben diesem Ausnahmetalent schon genügt. Offensichtlich hat Maestro das Gefühl, dass er sich als Student nicht mehr wohlfühlen würde. Es zieht ihn auf die Konzertbühne. Als 2008 das Album »Gently disturbed« erscheint, ist Maestro gerade 21 Jahre alt.

Wenn ich »Gently disturbed« auflege und höre, mit welcher Leichtigkeit das Avishai Cohen Trio die komplexesten Rhythmen musiziert und mit welcher musikalischen Sicherheit Maestro seine Soli gestaltet, bin ich immer wieder sprachlos. Sicher sind die nächsten fünf Jahre auf Tour mit Avishai Cohen und Mark Guiliana die beste Schule, die einem jungen Jazzpianisten widerfahren kann. 2009 zieht Maestro dann nach New York um. Er selbst sagt: „Ich habe einige Freunde in Europa und Israel, die tagein, tagaus hören, wie toll sie doch sind. Dabei bemerken sie gar nicht, wie klein und provinziell ihre Szene doch ist. Hier gibt es hundert Leute, die besser als ich spielen.“

Der Ehrgeiz des immer noch blutjungen Pianisten scheint ungebrochen groß. Aus einer New Yorker Session mit Jorge Roeder und Ziv Ravitz entsteht dann 2010 das Shai Maestro Trio. Es dauert noch ein paar Monate, aber dann ist klar, dass Shai Maestro sich auf dieses Trio konzentrieren will. Also steigt er aus der Band von Avishai Cohen aus. Auf den ersten beiden Platten seines nun eigenen Trios ist sowohl die Liebe zur klassischen Musik als auch das Interesse an Volksmusik aus Israel und Indien hörbar. Manches erinnert jedoch noch an die Kompositionen des Lehrmeisters Cohen.

»Stone Skipper«, das neueste Album des Trios, ist davon aber weit entfernt. Die Musik ist konzeptioneller geworden. Es geht wesentlich weniger um solistische Höchstleistungen, sondern hörbar um das gemeinsame Musizieren. Dazu trägt sicher auch bei, dass die drei sich mit Theo Bleckmann, Gretchen Parlato und Neli Andreeva außergewöhnliche Gäste einladen. Neben deren Stimmen kommen außerdem verschiedene Effekte zum Einsatz. Das Ergebnis klingt aber keinesfalls überladen, sondern im besten Sinne so interessant wie gut produzierte Pop-Scheiben.

Neben seinem Trio ist Shai Maestro mittlerweile fest integriert in die Szene der Jazz-Metropole schlechthin. Er arbeitet regelmäßig in der Band von Ari Hoenig. Außerdem ist er als Sideman auf dem in diesem Jahr bei ECM erschienenen Album »Elegy« von Theo Bleckmann zu hören. Mit Sicherheit kennt er also den vierten Musiker des heutigen Abends Mark Turner bestens. Es ist also anzunehmen, dass es mehr wird als nur eine gemeinsame Session. Auf allen Ebenen ist Mark Turner ein gleichwertiger Partner für die drei. Seine improvisatorischen Fähigkeiten machten aus ihm einen der gefragtesten Jazzmusiker weltweit. Also Vorhang auf für einen New Yorker Jazzabend in Leipzig!

 

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